Aktuelle Informationen
Stromausfall Iberische Halbinsel 28-4-2025
Großstörung im Verbundnetz RG-CE
Blackout auf der Iberischen Halbinsel
letzte Aktualisierung : 16.05.2025, 12:00 MESZ
Am 28.4.2025 um 10:33 UTC (12:33 MESZ) wurde vom Netzfrequenzinfodienst eine Unterfrequenzmeldung der Stufe 3 erkannt und gemeldet.
Die Unterfrequenzmeldung wurde durch einen großflächigen Stromausfall der Iberischen Halbinsel durch den Ausfall einer oder mehrere Übertragungsleitungen ausgelöst.
Wichtiger Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es sich bei den folgenden Ausführungen um eine Hypothese handelt. Unser Ziel ist es, eine erste Einschätzung der möglichen Abläufe zu skizzieren. Wir möchten betonen, dass wir neue Informationen und Erkenntnisse, sobald sie verfügbar sind, in unsere Überlegungen einbeziehen und unsere Hypothese entsprechend anpassen oder korrigieren werden.
Selbstverständlich schließen wir nicht aus, dass unsere derzeitige Hypothese sich als nicht zutreffend erweisen könnte. In diesem Fall werden wir unsere Einschätzung entsprechend revidieren.
Ihre Mithilfe ist wertvoll:
Wir bitten Sie um Unterstützung: Senden Sie uns gerne Informationen, Quellen oder Hinweise, die uns helfen, die Ereignisse umfassend zu bewerten. Dies ermöglicht es uns, unsere Einschätzung neutral, fachlich fundiert und aktuell zu halten oder bei Bedarf zu korrigieren.
Einleitung / Vorwort
Die aus den Ereignissen des 28. April resultierenden Erkenntnisse sind für uns alle essenziell. Wir hoffen daher, dass Red Eléctrica REE (der Systembetreiber des Hochspannungsnetz in Spanien) die Aufbereitung und Analyse der Störung offen und transparent gestaltet. Nur so können wir die Chance optimal nutzen, um aus diesen Vorfällen zu lernen. Unser Anliegen ist es nicht, den Netzbetreiber Red Eléctrica negativ darzustellen, sondern zu verdeutlichen, wie anspruchsvoll Entscheidungen im operativen Betrieb sein können, wenn die Ursachen solcher Ereignisse noch unklar sind. Die Steuerung und der Betrieb eines komplexen Stromnetzes im Kontext der Transformation der Erzeugungstechnologien wird immer wieder durch solche Ereignisse herausgefordert.
Es ist daher wahrscheinlich, dass ähnliche Situationen auch in anderen Netzgebieten und bei anderen Netzbetreibern auftreten werden.
Inzwischen haben wir unsere Datensammlung mit offiziellen Information von ENTSO-E (Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber) erweitert.
Neu:
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Meldung von REE: erste Erkenntnisse zur Ursache. Störung in einem Umspannwerk
Hier unsere aktualisierten Informationen:
Störung / Blackout Iberische Halbinsel 28-4-2025
Warnungen vor dem Blackout wurden offenbar nicht ernst genommen
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Der Netzbetreiber Red Eléctrica hat im Februar 2025 in seinem Jahresbericht 2024 vor der hypothetischen Gefahr von „Stromabschaltungen“ gewarnt!
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Der Netzbetreiber Red Eléctrica hatte bereits einige Tage vor dem Ereignis offenbar deutliche Hinweise auf eine sich androhende Stromnetzinstabilität
Nachfolgend die automatisiere grafische Auswertung Netzfrequenzinfodienst und unsere Aufarbeitung und Zusammenfassung der Störung

Bild: grafische Auswertung Netzfrequenzmeldung Stufe 3 am 28.4.2025 um 10:33 UTC (12:33 MESZ)
==> erkannter Netzfrequenzeinbruch durch Blackout in Spanien/Portugal/Südfrankreich

Bild : Zeitliche Analyse mit Ereignis – und Schwingungsdarstellung (Messort Wuppertal, Deutschland)
Ereignis 28. April 2025 : Blackout Iberischen Halbinsel , Angaben in UTC-Zeit
1 ab ca. 10:19:00 (UTC) 1. erkannte Netzfrequenzschwingung
2 10:20:38 (UTC) möglicher Lastsprung zwischen den Netzfrequenzschwingungen
3 ab ca. 10:21:00 (UTC) 2. erkannte Netzfrequenzschwingung
4 ca. 10:23:44 (UTC) Lastsprung
5 ca. 10:30:00 (UTC) Fahrplanwechsel (Viertelstunden-Kontrakte)
6 ab 10:33:00 (UTC) beginnender Netzfrequenzabfall (Kaskade) => Blackout iberische Halbinsel
ab 10:33:26 Unterfrequenzmeldung f < Meldeversand Netzfrequenzinfodienst Stufe 2
ab 10:33:41 Unterfrequenzmeldung f < Meldeversand Netzfrequenzinfodienst Stufe 3
1. Meldung Netzfrequenzinfodienst:
Netzfrequenztrigger RG-CE (UCTE)
UTC : 28.04.2025 10:33:26
MESZ: 28.04.2025 12:33:26
Trigger low frequency (static trigger, f< 49,850 Hz , information level 2)
2. Meldung Netzfrequenzinfodienst:
Netzfrequenztrigger RG-CE (UCTE)
UTC : 28.04.2025 10:33:41
MESZ: 28.04.2025 12:33:41
Trigger low frequency (static trigger, f< 49,850 Hz , information level 3)
Auswertung Netzfrequenzinfodienst:
Unterfrequenz :49,8450Hz
Netzlastdifferenz : -2223 MW
Erste offizielle Informationen von ENTSO-E zur Chronologie der Ereignisse, die zum Blackout führten (09.5.2025)
Der Stromausfall ist das Ergebnis einer komplexen Ereigniskette, für die ENTSO-E auf Grundlage der bisher bekannten Informationen eine vorläufige Chronologie erstellt. Eine detaillierte Analyse des Expertengremiums wird in einem umfassenden technischen Bericht veröffentlicht.
Am 28. April 2025 um 12:33 Uhr MEZ kam es in Spanien und Portugal zu einem vollständigen Stromausfall. Auch ein kleines Gebiet in Frankreich nahe der spanischen Grenze war von dem Vorfall betroffen, wenn auch nur für kurze Zeit. Im übrigen kontinentaleuropäischen Stromnetz kam es zu keinen Störungen.

Bild : Geografisches Gebiet, das vom Vorfall vom 28. April 2025 betroffen war.
Legende :
betroffene Gebiete
Blackout
in Betrieb
In der halben Stunde vor dem Störfall kam es im kontinentaleuropäischen Synchrongebiet zu zwei Schwankungen (Leistungs- und Frequenzschwankungen), und zwar zwischen 12:03 und 12:07 Uhr MEZ sowie zwischen 12:19 und 12:21 Uhr MEZ. Die Übertragungsnetzbetreiber Spaniens (Red Electrica) und Frankreichs (RTE) ergriffen Maßnahmen zur Eindämmung dieser Schwankungen. Zum Zeitpunkt des Störfalls gab es keine Schwankungen, und die Netzvariablen lagen im normalen Betriebsbereich.
Vor dem Vorfall beliefen sich die internationalen Austauschprogramme Spaniens auf 1.000 MW nach Frankreich, 2.000 MW nach Portugal und 800 MW nach Marokko, alle in Exportrichtung.
Aus den bisherigen Daten geht folgender Ablauf des Vorfalls hervor:
Ab 12:32:57 Uhr MEZ und innerhalb von 20 Sekunden danach wurde in Südspanien vermutlich eine Reihe von Erzeugungsausfällen registriert, die sich zunächst auf insgesamt 2200 MW belaufen. In Portugal und Frankreich wurden keine Erzeugungsausfälle beobachtet. Infolge dieser Ereignisse nahm die Frequenz ab, und in Spanien und Portugal ist ein Spannungsanstieg zu beobachten.
Zwischen 12:33:18 und 12:33:21 MEZ sank die Frequenz des Stromnetzes der Iberischen Halbinsel weiter und erreichte 48,0 Hz. Die automatischen Lastabwurf-Schutzpläne Spaniens und Portugals wurden aktiv (Lastabwurf Unterfrequenz-Abschaltungen).
Um 12:33:21 Uhr MEZ wurden die Wechselstrom-Freileitungen zwischen Frankreich und Spanien durch Schutzeinrichtungen gegen Synchronisationsverlust abgeschaltet.
Um 12:33:24 Uhr MEZ brach das iberische Stromnetz vollständig zusammen und die HGÜ-Leitungen zwischen Frankreich und Spanien stellten die Stromübertragung ein.
Nach der Unterbrechung der Stromversorgung arbeiteten die betroffenen Übertragungsnetzbetreiber koordiniert zusammen, um die Stromversorgung in der betroffenen Region Frankreichs sowie in Spanien und Portugal wiederherzustellen.
Die wichtigsten Schritte des Wiederversorgung Iberische Halbinsel:
Um 12:44 Uhr MEZ wurde eine erste 400-kV-Leitung zwischen Frankreich und Spanien (westlicher Teil der Grenze) wieder unter Spannung gesetzt.
Um 13:04 Uhr MEZ wurde die Verbindung zwischen Marokko und Spanien wieder aktiviert.
Vom Beginn der Wiederherstellung bis etwa 13:30 Uhr MEZ starteten mehrere schwarzstartfähige Wasserkraftwerke in Spanien ihre Schwarzstartprozesse, um die Wiederherstellung des Systems einzuleiten.
Um 13:35 Uhr MEZ wurde der östliche Teil der Frankreich-Spanien-Verbindung wieder unter Spannung gesetzt.
Um 16:11 Uhr und 17:26 Uhr MEZ gelang den beiden schwarzstartfähigen Kraftwerken in Portugal nach erfolglosen
Vorversuchen der Anlauf, so dass der Wiederaufbauprozess in Portugal mit zwei Inselnetzen eingeleitet werden konnte.
Um 18:36 Uhr MEZ wurde die erste 220-kV-Verbindungsleitung zwischen Spanien und Portugal wieder eingeschaltet, wodurch die Wiederherstellung des portugiesischen Systems beschleunigt werden konnte.
Um 21:35 Uhr MEZ wurde die südliche 400-kV-Verbindungsleitung zwischen Spanien und Portugal wieder eingeschaltet.
Am 29. April 2025 um 00:22 Uhr MEZ wurde der Wiederaufbau des Übertragungsnetzes in Portugal abgeschlossen.
Gegen 4:00 Uhr MEZ war in Spanien der Wiederaufbau des Übertragungsnetzes abgeschlossen.
rechtliche Hinweise für die Links hier:
Meldung: "Störung in Umspannwerk soll Auslöser sein"
(Meldung vom Systembetreiber Red Eléctrica)
Zwei Wochen nach dem großflächigen Stromausfall in Spanien und Portugal zeichnen sich erste Hinweise auf die Ursache ab. Demnach soll eine anfängliche Störung in einem Umspannwerk im südspanischen Granada den Blackout ausgelöst haben. Spaniens Energieministerin Sara Aagesen präzisierte, dass diese plötzliche Störung in Granada am 28. April den landesweiten Stromausfall verursachte. In der Folge traten weitere Störungen in Badajoz und Sevilla auf, deren genaue Ursachen noch ermittelt werden. Diese drei Ereignisse führten schließlich zu den notwendigen Netzabschaltungen, die zeitweise fast ganz Spanien und Teile Portugals vom Stromnetz trennten. Als mögliche Ursachen schloss Aagesen Cyberangriffe auf den Netzbetreiber REE, ein Ungleichgewicht zwischen Stromerzeugung und -verbrauch sowie eine unzureichende Netzkapazität nach den bisherigen Ermittlungen aus.
Unsere Anmerkung zur Meldung :
Die im Bericht beschriebenen Netzschutzauslösungen in mehreren Umspannwerken bestätigen unsere grundlegende Hypothese zum Auslöser des Blackouts. Unsere Hypothese sah exakt dieses Szenario vor: eine oder mehrere Netzschutzauslösungen initiierten einen Ablauf, der zum Blackout führte (Netzschutz-Auslösekaskade). Es ist jedoch entscheidend zu verstehen, dass die Funktion der Netzschutzsysteme selbst nicht die Ursache, sondern eine unmittelbare Reaktion auf ein vorhergehendes Problem darstellt.
Link : https://www.tagesschau.de/ausland/europa/spanien-stromausfall-102.html
rechtliche Hinweise für die Links hier:
Unsere Zusammenfassung
Das eigentliche Blackout-Ereignis hat sich im Netz angekündigt.
Der Blackout auf der Iberischen Halbinsel trat nicht plötzlich ein, sondern kündigte sich mindestens 15 Minuten vorher an. Nachfolgend haben wir unsere Ereignisse zusammengefasst.
Zum Blackout-Ereignis:
Betrachten wir die allgemein verfügbaren Informationen und fassen unsere Überlegungen dazu zusammen.
Die genaue Ursache für den Blackout konnte bisher nicht eindeutig identifiziert werden. Dies hängt vor allem mit der schwierigen Suche nach dem Auslöser zusammen.
Warum gestaltet sich diese Suche so schwierig?
Im Rahmen der Störungsanalyse wurde bislang kein eindeutiger Defekt an einem oder mehreren Systemen identifiziert. Dies gestaltet die Ursachenforschung besonders schwierig und zeitaufwändig. Eine umfassende Datensammlung („Blackbox“), die vermutlich mehrere Millionen Datensätze enthält, wurde bereits an den spanischen Netzbetreiber Red Eléctrica übergeben. Dessen Aufgabe ist es nun, die zusammengetragenen relevanten Daten auszuwerten, zu prüfen und zu analysieren. Gegebenenfalls werden zusätzliche Daten und lokale Messwerte herangezogen, um den Hergang vollständig rekonstruieren zu können.
Bei der Untersuchung der Störung ist die exakte zeitliche Rekonstruktion und Bewertung der Ereigniskette von entscheidender Bedeutung.
Wir werden Sie hier informieren, sobald die offizielle Analyse veröffentlicht wird.
Was wir wissen:
Am 28.4.2025 kam es gegen 10:33 UTC (12:33 MESZ) zu einem Blackout auf der Iberischen Halbinsel. Fest steht, dass dieser durch eine unkontrollierbare Kaskade von Netzschutzabschaltungen verursacht wurde.
Auslöser war ein plötzlicher Einbruch der Stromerzeugung in Spanien um etwa 15 GW (interner Vermerk: Grafik Ereignis Punkt 6, Anmerkung: die in der Grafik angegebene Netzlastdifferenz bezieht sich nur auf den gemessenen Frequenzeinbruch und stellt deshalb nicht den sich geänderten Lastbedarf in Richtung Spanien dar). Um dieses plötzliche Defizit auszugleichen, musste Spanien massiv Strom aus dem europäischen Verbundnetz importieren. Dieser hohe Importbedarf kehrte die bisherigen Stromflüsse um – statt zu exportieren, zog Spanien nun große Leistungsmengen über die Verbindungsleitungen aus Richtung Frankreich.
Das hatte zwei unmittelbare Folgen:
-
Die Netzfrequenz im gesamten europäischen Verbundnetz sank spürbar ab (siehe unsere Grafik).
-
Die Leitungen zwischen Spanien und Frankreich wurden durch den hohen Stromfluss überlastet und vom Netzschutz automatisch notgetrennt.
Technisch gesehen erreichte das System einen kritischen Punkt (Kipppunkt), der zum Selbstschutz die Notabschaltung zur Folge hatte.
Störungsablauf aus Sicht des europäischen Verbundnetzes
Die Abtrennung der Iberischen Halbinsel war aus technischer Sicht für das kontinentaleuropäische Verbundnetz erforderlich, um dessen Stabilität zu gewährleisten. Die im europäischen Verbundsystem vorgehaltene verfügbare Regelleistung wurde aktiviert, um das durch die Trennung verursachte Leistungsdefizit zu kompensieren und die Netzfrequenz zu stabilisieren. Die aus der Netzfrequenzdifferenz (zum Sollwert 50 Hz) abgerufene Reserveleistung betrug etwa 2300 MW. Die Bereitstellung geschah innerhalb 10 Minuten ab 10:34 UTC (12:34 MESZ) bis 10:44 UTC (12:44 MESZ), siehe unsere Grafik.
Störungsablauf aus spanischer Sicht
Während sich das europäische Verbundnetz stabilisierte, konnte auf der Iberischen Halbinsel die plötzlich benötigte fehlende Leistung nach der Netzschutzabschaltung der Verbindungsleitungen nicht mehr über Frankreich importiert werden.
Die Erzeugungsanlagen in Portugal, die dem spanischen Netz angeschlossenen sind, konnten die benötigte Leistung ebenfalls nicht liefern. Auch die möglicherweise noch bestehende Verbindungsleitung nach Marokko im Süden Spaniens konnte das entstandene Leistungsdefizit nicht ausgleichen; sie wurde wahrscheinlich ebenfalls zeitgleich durch eine Netzschutzabschaltung vom spanischen Stromnetz getrennt.
Aus ähnlichen Gründen wurde wohl auch die HGÜ-Verbindung (Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung) zu den Balearen getrennt. Dies hatte jedoch zur Folge, dass die Balearen ihrerseits in einen stabilen Inselnetzbetrieb
übergehen konnten. Dort wurde die Störung möglicherweise zwar bemerkt, aber es gab keine Versorgungsunterbrechung.
Unterfrequenzabwurf auf der Iberischen Halbinsel
Die Netzfrequenz auf der nun isolierten Iberischen Halbinsel sank unter 48 Hz ab, was in praktisch allen Umspannwerken und Netzverteilern in Portugal und Spanien zu großflächigen Unterfrequenzabschaltungen und somit zum flächendeckenden Stromabschaltung auf der Iberischen Halbinsel führte (siehe auch Lastabwurfplan).
Schnelle Wiederherstellung:
Dank des verfügbaren europäischen Verbundnetzte und den lokalen (verfügbaren betriebsbereiten) Kraftwerken in Spanien und Portugal konnte die Wiederversorgung der Iberischen Halbinsel innerhalb einer Nacht fast vollständig wieder hergestellt werden. An dieser Stelle gebührt den Kolleginnen und Kollegen in den Leitstellen in den Netzleitstellen und den Kraftwerken auf der Iberischen Halbinsel großer Respekt. Der Wiederaufbau eines komplexen Verbundnetzes zur Wiederversorgung ist keine alltägliche Aufgabe und wurde – insbesondere unter dem enormen Druck, dass Millionen von Menschen auf die Wiederversorgung warteten – souverän gemeistert.
Mögliche Ursache der Störung
Was konnte bisher beobachtet werden?
Offensichtlich kam es bereits vor dem eigentlichen Blackout zu deutlichen regionalen Schwingungsphänomenen, die sich in Schwankungen der lokalen Netzspannung und in der Netzfrequenz zeigten. Diese Ereignisse führten zu weiteren Effekten. Insbesondere haben wahrscheinlich vor allem Überstromereignisse die ersten lokalen, regionalen und schließlich überregionalen Netzschutzabschaltungen ausgelöst, die letztlich zur Überlastung des Gesamtsystems und zur Netztrennung führten.
Hierzu haben wir zwei Links beigefügt:
Link : www.linkedin.com/posts/rafael-segundo-1691702b_powersystems-blackout-spain-ugcPost
Link : www.linkedin.com/posts/william-mathis-journalist_we-still-dont-know-what-exactly-happened-activity
rechtliche Hinweise für die Links hier:
Aufschwingen der Netzfrequenz vor Blackout bestätigt
Es fanden Netzfrequenzschwingung (Leistungs- und Frequenzschwankungen) kurz vor dem Blackout im spanischen, und zwar zwischen 12:03 und 12:07 Uhr MEZ sowie zwischen 12:19 und 12:21 Uhr MEZ (siehe Meldung ENTSO-E).
Aber was könnte der eigentliche Auslöser gewesen sein?
Unser Stromnetz ist ein komplexes, dynamisches System, das unter bestimmten Bedingungen ins Schwingen geraten kann. Ein erhöhtes Risiko hierfür besteht insbesondere dann, wenn konventionelle Kraftwerke mit rotierender Masse – welche die für die Netzstabilität wichtige Trägheit (Momentanreserve) liefern – reduziert werden oder ausfallen, während gleichzeitig die Einspeisung aus wechselrichterbasierten Quellen (wie Solar- und Windkraftanlagen) hoch ist.
Ein Stromnetz lässt sich mit den heute überwiegend eingesetzten, 'netzfolgenden' Wechselrichtern allein nicht stabil betreiben. Diese stabilisieren das Netz nicht von sich aus und können unter ungünstigen Umständen aus regelungstechnischer Sicht Schwingungen sogar verstärken. Rotierende Generatoren wirken dem durch ihre physikalischen Eigenschaften, insbesondere ihre Schwungmasse, entgegen und dämpfen solche Schwingungen.
Netzfolgende Wechselrichter benötigen eine stabile Spannung und Frequenz als Referenz (Führungsgröße), der sie folgen können. Konventionelle Generatoren liefern diese Referenz und stabilisieren das Netz durch ihre Schwungmasse. Sie synchronisieren sich und das Netz und helfen dabei, Spannung und Frequenz stabil zu halten. Obwohl auch konventionelle Generatoren unter bestimmten Umständen an Schwingungen beteiligt sein können, ist ihr dominierender Effekt die Stabilisierung des Netzes, was es robuster macht. Ein hoher Anteil wechselrichterbasierter Einspeisung bei gleichzeitig geringer rotierender Masse im System stellt daher eine Herausforderung für die Netzstabilität dar. Diese Herausforderung ist jedoch technisch lösbar. Die Ursache liegt also nicht in den erneuerbaren Energien an sich, sondern in der Notwendigkeit, Wechselrichter so weiterzuentwickeln, dass sie aktiv zur Netzstabilität beitragen – Stichwort 'netzbildende Wechselrichter'.
erweiterte Perspektive
Betrachten wir zusätzlich die Analyse von Dr.-Ing. habil. Michael Fette (siehe Youtube-Link, "Backout Spanien Update 1"), so ergibt sich eine erweiterte Perspektive:
Michael Fette argumentiert, dass ein grundlegendes Problem in der Koordinierung der im Spannungs-Blindleistungshaushalt des Netzes eingesetzten Regelungstechniken betrachtet werden muss. Nach seiner Aussage ist eine Betrachtung des Gesamtsystems und dessen kohärente Abstimmung unerlässlich. Dies beinhaltet die präzise Abstimmung der Regelsysteme und den Schutzeinrichtungen des Netzes sowie die Verbesserung des Dämpfungsverhaltens über die relevanten Frequenzen (nicht nur bei 50 Hz).
Michael Fette beschreibt auch, dass eine besondere Aufmerksamkeit dabei auch der dynamischen Interaktion zwischen klassischen Erzeugern (Synchrongeneratoren), elektronischen Erzeugern und elektronischen Lasten (Netzteile) gewidmet werden muss, um ähnliche Ereignisse in Zukunft besser zu verstehen und verhindern zu können.
Solche und weitere technischen Anpassungen sind unserer Meinung für die Iberische Halbinsel, aber auch für das gesamte Stromnetz in Europa essenziell.
Zu diesem Abschnitt haben wir drei Links bereitgestellt:
Youtube-Link: Blackout Spanien - Was kann die Ursache gewesen sein? Interview Stefan Krauter mit Dr.-Ing. habil. Michael Fette
rechtliche Hinweise für die Links hier:
Ausblick:
Dieses Thema werden wir sowohl für Experten als auch für fachfremde Interessierte aufbereiten und erklären.
Red Eléctrica warnte in ihrem Jahresbericht vor Risiken im spanischen Stromnetz.
Vor zwei Monaten warnte der Systembetreiber Red Eléctrica seine Investoren sogar ausdrücklich in seinem Jahresbericht 2024 vor der hypothetischen Gefahr von „Stromabschaltungen“, die „schwerwiegend“ sein könnten und die Stromversorgung aufgrund der hohen Durchdringung erneuerbarer Energiequellen „erheblich“ beeinträchtigen könnten. Darüber hinaus wies die Gruppe darauf hin, dass dieses Ereignis „indirekte“ Auswirkungen auf den Ruf des Unternehmens haben könnte.
Redeia, die Muttergesellschaft von Red Eléctrica, sprach im Zusammenhang mit der Energiewende zwei parallele Warnungen aus: Einerseits verwies das Unternehmen auf den Anstieg der Produktion erneuerbarer Energien, kleinere Anlagen (etwa für den Eigenverbrauch) und eine geringere Fähigkeit, sich an Störungen anzupassen. Der andere Punkt bezog sich auf die Schließung konventioneller Kraftwerke – Kohlekraftwerke, Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke und Kernkraftwerke –, was eine geringere Widerstandsfähigkeit des Systems gegenüber unvorhergesehenen Spannungsspitzen bedeutet.
rechtliche Hinweise für die Links hier:
Netzinstabilität hat sich bereits einige Tage vorher angekündigt!
Einem Bericht zufolge räumte Red Eléctrica ein, dass das System sechs Tage vor dem Stromausfall unter einer neuartigen Kombination von Ursachen litt. Diese Ursachen ähneln stark jenen, die im Zusammenhang mit dem Stromausfall vom 28. April untersucht werden.
rechtliche Hinweise für die Links hier:
Es gab Warnhinweise!
Möglicherweise hatten andere europäische Übertragungsnetzbetreiber bereits Tage vor dem Ereignis auf eine sich anbahnende Instabilität im spanischen Stromnetz hingewiesen.
Am Vormittag des 28.4.2025 waren die Anzeichen im europäischen Stromverbundsystem RG-CE so deutlich, dass sie von unserem Mess/Meldesystem in Wuppertal erkannt wurden, obwohl Spanien fast 1800km entfernt ist.
Daraus ergibt sich folgende Fragestellung: Kann eine solche Störung erneut auftreten?
Ja, solche Störungen im gesamten Versorgungsnetz sind potenziell möglich, so lange die technischen Anforderungen für Wechselrichter und weitere netzstabilisierende Maßnahmen nicht umgesetzt sind.
Es gibt Hinweise, dass sich das System in Spanien weiterhin Schwingungstendenzen zeigt!
Unsere Hypothese zu den Ereignissen des Blackouts in Spanien:
"dynamische Wechselwirkungseffekte" zwischen elektronischen Erzeugern und elektronischen Lasten (Verbraucher) als mögliche Auslöser der Störung?
Infolge hoher Solar- und Windkrafteinspeisung und den überwiegend eingesetzten "netzfolgenden" Wechselrichtern sowie der vermehrte Einsatz von elektronischen Lasten auf Verbraucherseite und den dadurch auftretenden dynamischen Wechselwirkungseffekten entstand in einem oder mehreren Netzgebieten der Iberischen Halbinsel eine sich aufschaukelnde regionale bis überregionale Erzeugungsoszillation. Diese führte zunächst zu Teilnetzabschaltungen, anschließend zu Netzüberlastungen und schließlich zu Netzschutzabschaltungen auf der Transportebene. Der daraus resultierende Erzeugungsausfall verursachte eine Umkehr des Energieflusses aus Europa zur Iberischen Halbinsel. Die folgende Überlastung der Transportleitungen zur Iberischen Halbinsel hatte eine Netzschutzabschaltung zu folge, die dazu führte, dass sich die Iberische Halbinsel vom europäischen Verbundnetz trennte und sich nicht mehr selbst versorgen konnte.
Die Netzfrequenz in Spanien und Portugal fiel unter 49 Hz, es kann zu Strom-Notabschaltungen durch Unterfrequenz in praktisch allen Umspannwerken und Netzverteilern auf der Iberischen Halbinsel. Damit war die gesamte Iberische Halbinsel von dieser Störung betroffen.
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Besonders brisant ist, dass der Systembetreiber Red Eléctrica offensichtlich bereits vor zwei Monaten vor diesem Szenario gewarnt hatte.
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Es gab bereits einige Tage vor dem Blackout interne Vorfälle im spanischen Stromnetz, die Hinweise auf eine mögliche Stromnetzinstabilität zeigten
Unser Angebot
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Der vorbereitete Vortrag umfasst den kompletten Ablauf der Störung und beinhaltet zudem umfassende Hintergrundinformationen.
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Weiterleitung "Über uns", Kontakt RJ2-Energietechnik
RJ2-Netzfrequenzinfodienst
Der RJ2-Netzfrequenzinfodienst erkennt diese Art der Netzfrequenzanomalie mit dem „Dynamisches Netzfrequenz- Schwingungsmonitoring“ und meldet ungewöhnliche Ereignisse (z.B. am 19.8.2024, 6:00 - 8:15 , siehe Link)
Diese Meldung wird in Kürze im RJ2-Netzfrequenzinfodienst verfügbar sein.
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