Die Netzfrequenz – der Puls des Stromnetzes!
überarbeiteter Text von Dr.-Ing. Franz Hein/ 07.03.2025
Stellen Sie sich vor, unser Stromnetz hat einen Herzschlag, und dieser wird in Hertz (Hz) gemessen. In Europa schlägt das Herz des Stromnetzes mit einem gleichmäßigen Takt von 50 Hz.
Doch was passiert, wenn dieser Takt ins Stolpern gerät? Genau hier wird es spannend! Kleine Schwankungen in der Netzfrequenz offenbaren die geheimen Rhythmen des Stromnetzes und zeigen uns, wie stark es gerade beansprucht oder gar überbeansprucht wird.
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Diese Schwankungen geben uns nicht nur Einblicke in die momentane Netzbelastung, sondern ermöglichen auch die Berechnung der Energiedifferenz – das ist der Unterschied zwischen der erzeugten und benötigten Energie. Diese Differenz offenbart entweder einen Überfluss oder einen Mangel an Energie. Diese Differenz muss möglichst rasch durch Regelungsvorgänge ausgeglichen werden, da sonst das Gesamtsystem zu stark aus dem Gleichgewicht "ausgelenkt" wird. Das kann wie bei einer Stuhl gesehen werden. Der fällt um, wenn er zu stark geneigt wird und das wäre vergleichbar mit einem Verlust der Stabilität im Stromnetz, was zu einem Zusammenbruch der Stromversorgung führen würde.
Die Regelungsvorgänge funktionieren folgendermaßen: Bei Energiemangel wird entweder mehr an Energie erzeugt (d.h. die Einspeiseleistung wird erhöht) oder der Bedarf an entnommener Energie wird vermindert. Bei Energieüberfluss geschieht genau das umgekehrte. Beides erfolgt immer so lange, bis wieder Gleichgewicht hergestellt ist. Das wirkt sich im dargestellten Frequenzverlauf aus. Der zeigt damit den dynamischen "Tanz" der Energie im Stromnetz und das gibt einen wertvollen Einblick in den aktuellen Auslenkungszustand vom Stabilitätspunkt, bei dem die Frequenz genau 50 Hz beträgt.
Netzfrequenzschwankung: Ein Einblick in das dynamische Herz des Stromnetzes
Die Netzfrequenz – der "Puls" unseres Stromnetzes – kann manchmal ins Stolpern geraten. Besonders auffällig sind starke Schwankungen, die oft mit dem Wechsel zwischen verschiedenen Handelsprodukten im Strommarkt einhergehen. Große Schwankungen sind öfters zu den Stundenwechseln gut erkennbar. Da kann es passieren, dass Kraftwerke oder Lasten zu früh oder zu spät den getroffenen Vereinbarungen (genannt "Fahrpläne") entsprechend in ihren Leistungen angepasst werden. Diese Leistungsanpassung kann besonders bei Kraftwerken nicht beliebig schnell erfolgen. Dadurch sind Auslenkungen vom Gleichgewicht in gewisser Weise unvermeidlich. Diese dürfen aber nicht zu groß werden. Zwischendurch geben die Schwankungen das "Leben" des Stromsystems wieder, das tatsächlich permanent in Bewegung ist. Auch in unserem Körper zeigt eine Schwankungsbreite beim Herzschlag wie gut oder schlecht es uns geht.
Temporäre Lastflussänderung
Die unsynchronisierten Fahrplanwechsel führen zu temporären und teilweise deutlichen Lastflussänderungen im Stromnetz. Bei angespannten Netzsituationen können solche Änderungen zu Störungen oder sogar Blackouts führen.
Mit der zunehmenden Verbreitung dezentraler Erzeugungsanlagen, insbesondere erneuerbarer Energien, ändert sich das Bild der Netzfrequenzschwankungen weiter. Dezentrale Anlagen fehlen die großen Schwungmassen konventioneller Kraftwerke, was zu schnelleren und potenziell stärkeren Frequenzänderungen führt.
Wie wird die Netzfrequenz stabilisiert?
Um die Netzfrequenz zu stabilisieren und innerhalb enger Grenzen zu halten, wird Regelleistung eingesetzt. Dazu werden verschieden rasch reagierende Technologien genutzt. Besonders werden dazu künftig vermehrt Wechselrichter in Kombination mit Batteriespeichern eingesetzt, da diese sehr rasch ihre Leistungen den Regelungsanforderung gemäß anpassen können. Heute sind noch überwiegend die Energieinhalte der rotierenden Massen in den Synchrongeneratoren der Kraftwerke das Fundament für das Ausregeln und sie liefern durch ihre Veränderungen bei der Drehbewegung ja auch die Frequenz des Wechselstromes. Die Frequenz ist damit dann an jeder Stelle im Netz als zu regelnde Größe messbar. Diese verschiedene Regelungsbeiträge verteilt im gesamten Energiesystem gleichen die Abweichungen zur Sollfrequenz aus und sorgen dafür, dass das Stromsystem im Gleichgewicht bleibt. Damit ist die Frequenz so etwas wie der Klang in einem Orchester und dort sorgt der von allen Mitwirkenden gehörte Klang zum Gelingen eines Musikstückes. Im Stromsystem kann anhand dieser Analogie das Zusammenwirken sämtlicher Regelungsvorgänge in allen Bereichen des Netzes "orchestrierend" die Stabilität gewährleisten. Dieser umfassende Regelungs-Prozess ist entscheidend wichtig, um die kontinuierliche und stabile Versorgung mit elektrischer Energie in allen Ebenen des Gesamtsystems zu gewährleisten. Die für einen Regelbereich zentrale Vorgabe der Sollfrequenz gleicht langfristig gesehen die trotz Regelung verbliebene Abweichungen zwischen der Frequenzzeit und der amtlichen Uhrzeit aus. Dazu wird bei nacheilender Frequenzzeit (Netzzeit) die Sollfrequenz auf 50,01 Hz erhöht und bei voreilender Frequenzzeit (Netzzeit) auf 49,99 Hz abgesenkt. Die Häufigkeit einer solchen "sanften" Veränderung der Sollfrequenz ist somit gleichzeitig ein Indikator für die Güte der Regelung.
Diese Erläuterungen und die Einblicke in den Frequenzverlauf verdeutlichen, wie dynamisch und komplex unser Stromsystem ist. Äußert wichtig für seine Stabilität sind präzise und zeitgerecht wirkende Regelungsmaßnahmen sowie ein ordnungsgemäßes Funktionieren der Schutzeinrichtungen. Orchestrieren des gesamthaften Verhaltens mittels der Frequenz statt (zentrales) Steuern ist also die Lösung für das Beherrschen der ganz erheblichen Herausforderungen.