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Aktuelle Informationen

erkannte Netzfrequenzanomalie am 19.8.2024

Netzfrequenzmeldung am 19.8.2024 

Am 19.8.2024 wurde von unseren Netzfrequenzinfodienst eine ungewöhnlich Netzfrequenzanomalie erkannt und gemeldet.

Mains frequency information service (RG-CE / UCTE)

You receive a message "Mains frequency information service (RG-CE / UCTE)"

19.08.2024 06:26:28 (UTC)

possible mains frequency oscillation detected

 

Auslöser der Meldung : Harmonische Stabilitätsstörung in einem Offshore-HGÜ-Netz

Im August 2024 wurde in einem Offshore-Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsnetz (HGÜ) eine gravierende harmonische Störung verzeichnet. Diese trat an einem Standort auf, der mehrere Konverter beherbergt. Über einen Zeitraum von zwei Stunden kam es zu einem signifikanten Anstieg der harmonischen Ströme und Spannungen im Frequenzbereich von 450 Hz bis 550 Hz.

Die Auswirkungen dieser Störung waren weitreichend: Die hohen harmonischen Pegel breiteten sich im gesamten deutschen Übertragungsnetz sowie in den angeschlossenen Verteilnetzen aus. Eine eindeutige Zuordnung des Phänomens war möglich, da die gemessenen Pegel die üblichen Normalwerte an diesen Standorten bei Weitem überstiegen. In der Folge führten die erhöhten Pegel zur automatischen Abschaltung von insgesamt vier HGÜ-Konvertern, deren Nennleistung jeweils zwischen 800 und 900 MW lag.

Der Netzfrequenzinfodienst hat diese Störung am 19.8.2024 um 6:26:28 UTC ( 8:26:28 MESZ) gemeldet.

Bild : Auswertung dynamisches Schwingungsmonitoring Netzfrequenzinfodienst

Die Harmonische Stabilitätsstörung hatte Auswirkung auf das gesamte Verbundnetz in Europa. Der Netzfrequenzinfodienst hatte die ersten Anregungen ab 06:20 UTC. Um 6:26:28 UTC wurde dann eine Meldung in die öffentliche Gruppe gesendet.

Die Meldung wurde damals über die Meldegruppe 3 „Netzfrequenzpendelung“ verarbeitet.

Zukünftig wird diese Art der Netzfrequenzanomalie in einer eigenen Gruppe bearbeitet:

Meldegruppe 15 „Dynamisches Schwingungsmonitoring“.

Zum Ablauf der Netzstörung 19.8.2024


Eine Kombination ungünstiger Umstände führte zu einer ungewöhnlichen Stromnetzanomalie.

Auslöser: Ausgangspunkt für die harmonische Störung war eine Schwachlastsituation mit sehr geringer Windenergie-Einspeisung (Offshore-HGÜ-Konverterleistung < 5 % der Nennleistung).

Allgemeiner Ablauf
Wenn die Netzkonfiguration ungünstig ist – beispielsweise durch geringe Last, offene Schaltkreise oder besondere Schaltungen –, kann sich der Vermaschungsgrad des Netzes verringern und zusätzliche Kapazitäten können ins System gelangen.

Diese Konstellation kann zu Resonanzen führen. Im vorliegenden Fall bildete sich eine Parallelresonanz bei einer bestimmten Frequenz aus. Die kapazitive Eigenschaft dieser Resonanz interagierte mit einer aktiven Komponente im Netz, wie beispielsweise einem HGÜ-Konverter.

Diese Interaktion führte zur Bildung eines Serienschwingkreises. In diesem Zustand verhielt sich der Konverter nicht wie ein passiver Verbraucher, sondern zeigte ein nicht-lineares Verhalten ("negativer resistiv"). Das bedeutet, er verstärkte harmonische Ströme und Spannungen, anstatt sie zu dämpfen, was das System instabil machte und zu einer schnellen Eskalation der Störung führte.

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Bild : Erklärung zur Spannungsmessung

Bild : Normale Netzspannung (einphasige Messung, gemessen über 110kV Spannungswandler)

Bild : Oberwellenbehaftete Netzspannung (ca. 12% Oberwellenanteil 10. Oberwelle 500Hz)

Die Instabilität des HGÜ-Konverters verursachte starke harmonische Ströme und hohe harmonische Spannungen, die vor allem bei der 10. Oberschwingung (500Hz) auftraten.

Ausfall weiterer Konverter: Die insgesamt stark erhöhte harmonische Spannung von über 8 % (Total Harmonic Distortion Voltage, THDU) aktivierte den Schutz von drei weiteren HGÜ-Konvertern in der Nähe. Diese schalteten sich innerhalb von zwei Minuten ab.

Schneeballeffekt:

Die drei Konverter wirkten zuvor stabilisierend auf die erhöhten Spannungen. Ihre automatische Abschaltung veränderte sich die Situation jedoch drastisch, da sie ihre positive Wirkung verloren. In der Folge stiegen die harmonischen Spannungen weiter auf bis zu 30 % THDU an..

Behebung und Schlussfolgerungen:
Die Störung konnte erst nach etwa zwei Stunden beendet werden, nachdem mehrere Bauteile des verursachenden Konverters ausfielen und dieser notabgeschaltet werden musste. Während der Störung wurden harmonische Ströme der 10. Ordnung (500Hz) mit bis zu 300 A in das Übertragungsnetz eingespeist.

Die Störung breitete sich im gesamten deutschen Stromnetz und war messbar im gesamten europäischen Verbundnetz.

Wichtige Erkenntnis:

Dieses Ereignis widerlegt die Annahme, dass hochfrequente Störungen rein lokal auftreten. Ihre Ausbreitung hängt stark von den Resonanzpunkten im System ab.​ Es ist nicht möglich, die Ausbreitung geografisch oder nach Frequenzordnung vorherzusagen oder einzugrenzen. Die effektive elektrische Distanz zwischen zwei Punkten im Netz kann sich je nach Frequenz stark ändern.

Verzögerte Aufklärung der Netzfrequenz-Anomalie

Der Netzfrequenzinformationsdienst hat die Anomalie zwar gemeldet, doch die detaillierte Analyse und die Ergebnisse der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNBs) wurden erst im Juni 2025 im Systemstabilitätsbericht veröffentlicht – fast ein Jahr nach dem tatsächlichen Vorfall.

Quellen:

Link Bundesnetzagentur : Informationen über die Systemstabilität

direkter Link : Systemstabilitätsbericht 2025

direkter Link  : Bewertung des Systemstabilitätsbericht 2025

Video-Link : "Energie & Vorsorge Chiemgau / Outdoor Chiemgau" : 19.08 Blackout in Deutschland? - knapp an einer Katastrophe vorbei! - 2024

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