Regelleistung, unsere Reserve im Stromnetz
Die Stromnetze der meisten Europäischen Länder auf dem Europäischen Festland sind miteinander gekoppelt und werden mit einer gemeinsamen Netzfrequenz von 50 Hertz betrieben (Synchrongebiet Central Europe, RG-CE).
Um die Frequenz stabil bei 50 Hertz zu halten, muss zu jedem Zeitpunkt die Stromerzeugung der Last entsprechen.
Beispiel 1 mit unserer Netzfrequenzwaage:
die Netzfrequenz liegt über 50 Hz, es wird mehr Strom erzeugt (mehr Bezug von Strom) als verbraucht wird (Abgabe)

Beispiel 2 mit unserer Netzfrequenzwaage:
die Netzfrequenz liegt unter 50 Hz, es wird mehr Strom gebraucht (mehr Abgabe) als erzeugt wird (Bezug)

Diese Schwankungen sind normal und werden fast immer beherrscht.
Kommt es aber zu deutlichen Unterschieden in zwischen Bezug und Abgabe oder zu unvorhersehbaren Ereignissen (z.B. ein Kraftwerksausfall), nutzen die Übertragungsnetzbetreiber die Systemdienstleistung Regelreserve in drei Qualitäten:
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FCR - Frequency Containment Reserve (früher PRL – Primärregelleistung)
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aFRR - Frequency Restoration Reserve with automatic activation (früher SRL – Sekundärregelleistung)
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mFRR - Frequency Restoration Reserve with manual activation (früher MRL – Minutenreserveleistung)
Um das Angebot und die Nachfrage auszugleichen und somit die Frequenz stabil bei 50 Hertz zu halten. Dazu wird Leistung bei Anbietern von Regelreserve reserviert (Regelleistung), die bei Bedarf dann aktiviert wird (Regelarbeit).

Schema des Einsatzes der unterschiedlichen Regelleistungsarten zur Stabilisierung der Stromversorgung

In Deutschland werden insgesamt ca. 7000 Megawatt positiver Regelleistung (zusätzliche Leistung für den Engpassfall), und 5500 Megawatt negativer Regelleistung vorgehalten.
Regelleistungsarten
FCR Primärregelleistung (PRL)
Die Primärregelleistung dient dazu, Ungleichgewichte zwischen physikalischem Leistungsangebot und -nachfrage auszugleichen, mit Ziel der Wiederherstellung einer stabilen Netzfrequenz.
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Bereitstellung nach dem Solidaritätsprinzip durch alle im ENTSO-E-Gebiet synchron verbundenen Übertragungsnetzbetreiber
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Automatische vollständige Aktivierung innerhalb von 30 sec
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Sekundärregelleistung SRL
Sollte die PRL nicht ausreichen, um die Netzfrequenz zu stabilisieren, wird nach ca. 5 Minuten die SRL abgerufen und löst die PRL ab.
aFFR Sekundärregelung (SRL)
energetischer Ausgleich der Regelzone und Frequenzregelung
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unmittelbare automatische Aktivierung durch den betroffenen Übertragungsnetzbetreiber
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Aktivierung innerhalb von 30 sec
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vollständige Erbringung innerhalb von 5 min
mFFR Minutenreserve (MRL)
Ist eine weitere Netzstabilsierung nötig oder muß diese Stabilisierung weitergeführt werden, kommt es zum Abruf der MRL.
Minutenreserve
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Abruf der Minutenreserve über ein elektronisches Abrufverfahren vollständige Aktivierung binnen 15 Minuten
Bilanzkreisausgleich
Wir sind nun in Bereich der Handelsgeschäfte. Der betroffene Bilanzkreis muss die die aufgetretende Bilanzdifferenz zu seiner gemeldeten Einspeiseleistung aufkommen. Das gilt für beide Leistungsrichtungen.
Quartärregelung
Netzfrequenzabweichungen können sich über einen längeren Zeitraum akkumulieren und bei Synchronuhren einen Uhrenfehler verursachen. Die Begrenzung der Abweichung wird Quartärregelung genannt, ist für den technischen Betrieb eines Verbundnetzes nicht notwendig. In Europa erfasst Swissgrid im Auftrage des Stromverbundes UCTE die Abweichungen gegen die koordinierte Weltzeit (UTC) und koordiniert die Korrektur der Phasenfehler nach folgender Regel:
Bei Überschreitung von ±20 Sekunden wird der Sollwert der Netzfrequenz (Nennnetzfrequenz) um 10 mHz:
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bei vorauseilender Netzzeit auf 49,99 Hz reduziert
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bei nacheilender Netzzeit auf 50,01 Hz erhöht
Ohne Berücksichtigung weiterer Netzfrequenzabweichungen vom Sollwert dauert die Rückführung einer Zeitabweichung von 20 Sekunden dann ca. 28 Stunden.
Nachgehende Uhren in Europa
Dieser Effekt der "nachgehenden Uhren" war vor allem im März 2018 zu beobachten, bei denen die Uhren, die mit der Netzfrequenz synchonisiert sind, um 6 Minuten nachliefen. Grund dafür war ein Lieferengpass zwischen Serbien und dem Kosovo, bei dem für einen längeren Zeitraum zu wenig Energie eingespeisst wurde (Laut ENTSO-E fehlten bis zu 113 Gigawattstunden Energie im Netz).